Werke: © Adi Meier-Grolman, Fotos: © Steffen Missmahl
ANALOG von Adi Meier-Grolman war der Auftakt der neuen Ausstellungsreihe Update Cologne. Die Ausstellung in den Räumen der Michael Horbach Stiftung wurde am 7. Januar 2018 eröffnet.
Anlässlich der Finissage am 4. Februar 2018 wurde die Publikation zur Ausstellungsdokumentation präsentiert und ein Künstlergespräch veranstaltet, das Gérard A. Goodrow mit dem Künstler und den Gästen Dietmar Schneider und Maarten Van Roy führte.
ANALOG by Adi Meier-Grolman was the prelude to the new exhibition series “Update Cologne”. The exhibition which took place in the exhibition spaces of the Michael Horbach Stiftung was opened on January 7, 2018.
The publication for the exhibition documentation was presented at the finissage on February 4, 2018 and Gérard A. Goodrow held an artist’s talk with the artist and the guests Dietmar Schneider and Maarten Van Roy.
Wie ein Treibhaus, in dem die Arbeiten üppig gedeihen, eine dschungelartige Werkfülle entsteht, in der sich Altes und Neues zu einem Kosmos aus vielfältigen Einzelheiten formiert, mag das Atelier Adi Meier-Grolmans dem Besucher, der Besucherin zunächst vorkommen. Und doch gibt es – trotz mancher Veränderungen, die dieses über Jahrzehnte gewachsene Werk prägen – Konstanten, die in dieser Fülle augenfällig Zusammenhang und -halt stiften. Dazu gehören beispielsweise eine bewusste Materialbescheidenheit, die Suche nach einfachen, nachvollziehbaren Strukturen, die undogmatische Handhabung von Gegenständlichem und Ungegenständlichem, das stets präsente Wissen um die Errungenschaften der (klassischen und kämpferischen) Moderne und damit verbunden auch die neugierige, das Blickfeld weitende Aussicht über den abendländischen Tellerrand hinaus. Aus dem Vorhandenen seien stellvertretend drei aktuelle, weiter wachsende Tätigkeitsfelder Adi Meier-Grolmans herausgegriffen und skizziert: Mit schwarzer chinesischer Tusche und breitem Kalligraphie-Pinsel bemalt der Künstler Karton, zu Flächen zerlegten, von Falzen gegliederten Verpackungskarton. Ein dichtes, gleichmäßig ungleichmäßiges Gewebe aus Pinselzügen bedeckt den Malgrund, ohne ihn völlig zu verschließen. Meier-Grolman montiert diese Tuschetafeln, staffelt sie hinter- und nebeneinander, bis eine stimmige Dichte und Dinglichkeit des Gesamtgefüges erreicht ist. In diesem Schichten bringt sich das Material wieder ins Spiel, gliedern Kartonkanten mit einer gewissen Strenge die Collage der Malereieinzelheiten. Die gebaute Addition der rechteckigen Flächen schafft ein Gegengewicht zur den freihändigen, aus lockeren und doch konzentrierten Malbewegungen resultierenden Tuscheschwärzen und mündet in profane Feierlichkeit.
Styropor ist ein Material ohne Kunstgeschichte, eine nützliche, lästige Verpackung. Der Künstler verwendet es wie er es findet, modifiziert die vorgefertigten, funktionalen Formen mit ihren regelmäßigen Strukturen, den Öffnungen und Einbuchtungen kaum. Kombiniert, montiert sie aber neu und verwandelt diese Standardkunststoffelemente in weiße, lichtfängerische Skulpturen. Es sind allansichtige, rhythmisch vielfältig gegliederte, mal hermetisch dichte, mal sich zu komplexen Innenräumen öffnende plastische Gebilde, mitunter architektonisch anmutend, stets lichtbedürftig. Schattenwürfe, nuancierte Helldunkelstufen und das schnöde Material transzendierende Transparenzen (der Ränder, Kanten) zeigen sich bei angemessener Beleuchtung; aber erst die Wandlungen des Tageslichts entfalten das ganze plastische Potential dieser Arbeiten, die ungeahnten Qualitäten des Styropors.
Ein enormer Bildervorrat versteckt sich in Adi Meier-Grolmans unscheinbaren, stapelweise vorhandenen Zeichnungsschulheften. Geht man von 30 oder 40 Zeichnungen pro Heft und mehreren Hundert dieser Cahiers aus, entsteht eine vage Vorstellung der Menge an Variationen von Mustern und Motiven, der Einfälle und Versuche. Auch wenn jedes Heft mit „fin“ und „ende“ schließt, so handelt es sich doch um eine Serie, die kein Ende finden kann, da sie nach nichts sucht, auf nichts zusteuert, vielmehr ein zielloses, freies Weiterzeichnen ist. Betrieben mit der Selbstverständlichkeit und (so scheint es zumindest) einem Gleichmaß, das etwas mit dem unerbittlich ruhigen Verstreichen der Zeit zu tun haben könnte; als wären diese Hefte ein Zeugnis der Zeit selbst.
Adi Meier-Grolman’s studio may appear at first glance like a greenhouse in which growth is lush, and an abundance of works are in the process of emerging in which both the old and the new form a universe of manifold details. However, despite the many changes that characterize the works that have developed over a number of decades there certainly remain constants that create context and cohesion. These include for example a deliberate choice of humble materials, the search for simple, yet comprehensible structures, the undogmatic use of the representational and immaterial, the always present knowledge (both classically and aggressively) of the achievements of modernity and the subsequent, curious anticipation of the broadening of one’s view beyond the occidental horizon. From Adi Meier-Grolman’s existing work, three acute areas will be presented and outlined: With black China ink and a broad calligraphic brush the artist paints cardboard, packaging board, and cut surfaces structured by folds. A dense, regular irregular network of brushstrokes covers the painting support without closing it completely. Meier-Grolman mounts these ink panels, staggers them behind or next to each other, until the overall structure has reached a consistent density and materiality. In this layering the material comes into play again, cardboard edges define the collage of the painting details with a certain rigor. The constructed addition of the rectangular surfaces creates a counterbalance to the black ink freehand strokes, relaxed yet focused movement of the brush ends in profane solemnity.
Styrofoam is a material absent from art history, a useful, though irksome packing material. The artist uses it as he finds it; he barely modifies the prefabricated functional forms with their regular structures, openings, and indentations. Combined, he mounts them anew and transforms these standard plastic elements into white, light-catching sculptures. They are plastic objects constructed on all sides, multifariously rhythmically structured, sometimes hermetically dense, sometimes opening to complex interior spaces, sometimes appearing architecturally, but always requiring light. Shadowing, nuanced levels of light and dark, and transparency (of borders and edges) defying the disdainful material are shown by means of appropriate lighting; but only the daylight’s changes unfold the entire plastic potential of these works, revealing the unexpected qualities of styrofoam.
An enormous reservoir of images hides in Adi Meier-Grolman’s inconspicuous piles of drawing notebooks. Comprising thirty to forty drawings per notebook of which there are several hundreds, only a vague approximation of the number of variations in patters, motifs, inspirations, and experiments they contain is suggested. Even though every notebook concludes with “fin” or “end”, it is still a series unable to attain an end, because it is not looking for anything, isn’t directed towards anything, but rather is continuous free drawing without a goal, sustained by the apparent naturalness and consistency that may owe something to the relentlessly calm passing of time as though the notebooks were a testimony to time itself.
Text: Jens Peter Koerver
Übersetzung / Translation: Uta Hoffmann
Geboren 1949 in Balingen (Württ.), lebt und arbeitet in Köln Born 1949 in Balingen (Württ.). Lives and works in Cologne
Studium / Education:
Studium Kunstgeschichte an der Eberhard Karls Universität Tübingen
Studium Freie Kunst Kunsthochschule Kassel bei Karl Oskar Blase
Einzelausstellungen (Auswahl) / Solo exhibitions (selection):
2018 Analog – Update Cologne #01, Kunsträume der Michael Horbach Stiftung, Köln
2009 Polygalerie, Karlsruhe
2008 Zusammenstellung, Atelier Lotharstraße, Köln, mit Christiane Fuchs
2007 Kunstraum Weyertal, Köln, mit Bernd Fox
2003 Gulliver, Köln
Künstlerverein Malkasten, Düsseldorf, mit Inge Schmidt
1998 Galerie Ulrich Mueller, Köln
Schlosspark Wahn, Köln
1997 Brühler Kunstverein
1995 Galerie Ulrich Mueller, Köln
1994 Gothaer Kunstforum Köln, mit Marlini Wickramasinsha
1990 Galerie im Bürgerhaus, Neunkirchen
1988 Kunst Büro Berlin, Berlin, with Udo Sturm; artothek, Köln
1986 Kunst Büro Berlin, Hamburg, mit Udo Sturm
1984 Maison Cosmopolite, Paris
1982 Kunstverein Büdingen; Galerie Cuenca, Ulm
1981 Offene Galerie, Köln
1979 Galerie Cuenca, Ulm
Gruppenausstellungen (Auswahl) / Group exhibitions (selection):
2017 Zwischen den Orten, Weibern und Kell, Eifel
2015 Zwischen Konkret und Utopie (mit Thomas Kaminsky und Steffen Missmahl), Kunstmuseum Villa Zanders, Bergisch Gladbach
2008 Was damit zusammenhängt, Poly-Galerie Karlsruhe in Köln
2007 Kruispunt Denderleeuw, Belgien
Anatomisches Institut Köln
2006 Gruppenausstellung, Köln, Hängende Gärten, Köln
Kruispunt Denderleeuw, Belgien
2005 Internationale Graphik Biennale, Novosibirsk
2002 Skulpturen-Symposium Honerath, Bad Münstereifel
2001 Internationales Bildhauersymposium, St. Petersburg
2000 Internationales Bildhauersymposium, Waldstadt-Wünstdorf
1993 Galerie Ulrich Mueller, Köln
1989 Kunst Büro Berlin, Das Sammeln der Dinge
1987 Goethe-Institut Paris, Rue Condé, proprieté-securité-steak haché
1986 Atlantis. Skulpturen in der Wandelhalle, Wandelhalle, Köln
1985 Magirus 107, Ulm
Einstein mit Künstlergruppe “Erste Hilfe”, Köln-Kunst, artothek, Köln
Installation Verteidigung der Freiheit, Wandelhalle, Köln
1984 Grand Palais, Paris, Installation “Erste Hilfe”; Institut für Künste, Hannover, Konzert
1983 Artists’ Group “Erste Hilfe”, Otto-Fischer-Straße, Köln
1982 November Künstlergruppe “Erste Hilfe“, Köln